Text, Bilder oder Videos in technischer Kommunikation?

Wir stellen vor: Gast-Blogger Ferry Vermeulen

Ferry Vermeulen - instrktivFerry Vermeulen ist ein bekannter TechComm Experte und Direktor bei INSTRKTIV. INSTRKTIV hilft Unternehmen markenkonsistente Anleitungen zu erstellen, die gesetzliche Anforderungen erfüllen und anwenderfreundlich sind.

Laden Sie diesen Leitfaden herunter: The Ultimate Guide to Create User-Friendly Product Assistance

Ihr Unternehmen möchte nicht nur hochwertige Produkte verkaufen. Als technischer Redakteur wollen Sie auch produktbegleitende Hilfsdokumente liefern, die für die Anwender wirklich informativ und hilfreich sind.

Es gibt eine Menge Tools für diese Aufgabe: Text-Editoren, Grafik- und Videoprogramme. Aber wie entscheiden Sie, wann Text, Bilder oder Videos die richtige Wahl für Ihre Produktanleitungen sind?

In diesem Blogartikel stelle ich 15 Fragen, die Ihnen bei der Auswahl der optimalen Medien helfen werden.

1. Ist die Nutzung von Bildern oder Videos gesetzlich verboten?

Die meisten gesetzlichen Regelungen machen keine Aussagen zur Nutzung von Videos und/oder Bildern. Es gibt allerdings mögliche Konflikte mit geltenden Gesetzen, sodass die Verwendung dieser Medien problematisch sein kann.

In manchen Ländern müssen für bestimmte Produkte gedruckte Gebrauchsanweisungen mitgeliefert werden. In solchen Fällen sind Videos als primäres Medium natürlich nicht einsetzbar und auch die Verwendung von Bildern ist nicht unbedingt die beste Lösung.

Nach amerikanischen Produktsicherheitsgesetzen gibt es die Verpflichtung, auf mögliche Risiken hinzuweisen, die im Zusammenhang mit der Produktverwendung stehen. Ein Verstoß gegen diese Warnungsverpfichtung (aufgrund nicht ausreichender, unklarer oder unvollständigen Warnhinweise) kann zu strengen Haftungs- und Schadensersatzpflichtungen des Herstellers führen, wenn die Schäden durch ein fehlerhaftes Produkt verursacht wurden.

In der Europäischen Union gibt es ebenfalls Sicherheitsrichtlinien, die klare Gebrauchsanweisungen vorschreiben. Beispielsweise sieht die Schwachstrom-Direktive 2014/35/EU vor, dass solche Anweisungen und Sicherheitsinformationen sowie alle Beschriftungen klar, deutlich und verständlich sein sollen.

Als Hersteller werden Sie haftbar gemacht, falls die Käufer nicht ausreichend gewarnt wurden.

Bilder allein sind oft nicht ausreichend für klare Gebrauchsanweisungen und Warnungen; manchmal müssen Anleitungen mit Text ausgedruckt werden.

Fotos verlieren schnell an Qualität, besonders wenn Sie schwarz/weiß ausdrucken. Videos sind natürlich sinnlos beim Drucken. Sie brauchen ein verlässliches Format, das nicht an Qualität verliert. Sie sollten Text benutzen, wenn das rechtlich so vorgeschrieben ist. Nutzen Sie Bilder und Videos nur zur Unterstützung.

Beispiele von erforderlichen Richtlinien für technische Kommunikation und Dokumentation
Fig. 1 – Markierungen auf Produkten beziehen sich auf die zugrundeliegende Gesetzgebung, die gedruckte Gebrauchsanweisungen in Textform vorschreibt.

2. Haben die Nutzer Zugang zum Internet?

Um Videos abspielen zu können, muss normalerweise eine schnelle Internetverbindung vorhanden sein. Die Konsumenten haben nicht immer Internetzugang, wenn sie nach bestimmten Produktinformationen suchen.

Erklärvideos bei YouTube werden nur dann gesucht und angeschaut, wenn die Konsumenten Zeit und Internetzugang haben. In diesem Fall ist der Informationsbedarf weniger dringend als wenn – nur als Beispiel – ein Zug im Tunnel stecken bleibt. Dann wäre natürlich Offline-Information wünschenswert! Es ist am besten, Text (unterstützt von Illustrationen) anzubieten, wenn die Inhalte offline zur Verfügung stehen sollen.

3. Wird der Inhalt regelmäßig aktualisiert?

Videodokumentation ist nicht so gut geeignet für Produkte, die immer wieder überarbeitet, aktualisiert oder weiterentwickelt werden. Das wiederholte Anpassen von Videos kann umständlich und teuer sein. Texte und Bilder sind leichter zu aktualisieren. Benutzen Sie Text in Kombination mit Illustrationen, wenn Sie erwarten, dass die Benutzeroberfläche oder das Produktdesign sich oft ändern werden.

4. Können Bilder den Text veranschaulichen, ersetzen oder aussagekräftiger machen?

Im Bereich der User Assistance werden Fotos, Illustrationen, Tabellen, Screenshots, Diagramme und schematische Darstellungen verwendet um dem Zielpublikum einen allgemeinen Überblick der Geräte, Bauteile und Komponenten zu geben.

Die Installation eines Produktes kann mit Illustrationen sehr leicht erklärt werden. Die Illustrationen veranschaulichen den Text oder machen ihn sogar überflüssig.

Visuelle Illustration - Technische Kommunikation
Fig. 2 – Einige wenige Illustrationen zeigen, wie ein Gerät benutzt wird. Es wäre viel schwieriger alles nur verbal zu erklären.

Technische Spezifikationen oder Daten sind in Tabellenform besser lesbar. Auch eine Tabelle kann in manchen Fällen den Text ersetzen.

Daten Tabelle - Technische Kommunikation
Fig. 3 – Daten und technische Spezifikationen sind besser lesbar, wenn sie in einer Tabelle statt in einem Text beschrieben werden.

Eine Softwareanleitung ist mit Screenshots besser verständlich.

Je mehr Bilder Sie einschließen, desto weniger Worte brauchen Sie. Aber Bilder können nicht immer den Text völlig ersetzen. Warnungen sind zum Beispiel oft schwer visuell darstellbar und das kann zu Gefährdungssituationen führen.

Nutzen Sie Bilder nur, wenn diese den Text veranschaulichen, ersetzen oder besser verständlich machen können.

5. Können Bilder oder Video Lokalisierungskosten senken?

Der Hauptgrund für den Einsatz visueller Medien sollte die bessere Verständlichkeit für die Anwender sein. Manchmal fällt diese Entscheidung aber auch aus Kostengründen. IKEA liefert Installationshandbücher oft fast ohne Text. Das spart Geld bei den Übersetzungskosten, denn IKEA liefert in 28 verschiedene Länder (mit 17 verschiedenen Sprachen).

Es dauert vielleicht ein paar Stunden bis einige Bilder für ein globales Zielpublikum erstellt sind, aber die Übersetzung eines langen Textes in 17 verschiedene Sprachen wäre noch viel teurer. Wenn Sie Ihre Produkte weltweit vertreiben, sollten Sie Illustrationen oder Videos ohne Text in Betracht ziehen. Das könnte die Lokalisierungskosten deutlich senken.

6. Wie sieht der Lokalisierungsprozess bei der User Assistance aus?

Auch das kann wieder eine Kostenentscheidung sein, aber wir müssen realistisch sein. Auch wenn die technische Kommunikation sich rasant wandelt, wird hier oft immer noch nicht viel Geld in diesen Bereich investiert.

Beschränken Sie den Lokalisierungsprozess auf Bilder und Videos, bevor Sie eine eigene Anwenderbetreuung starten.

Brauchen Sie Text in Ihren Illustrationen? Liefern Sie an 28 Länder?

Bilder zu übersetzen kann teuer werden, das ist allgemein bekannt.

Es gibt professionelle Tools, die Text in Bildern zur Übersetzung exportieren können, zum Beispiel Snagit. Alle Illustrator-Dateien in 28 verschiedene Sprachen zu übersetzen, sollten Sie allerdings vermeiden.

Eine Daumenregel ist, dass Text allein viel einfacher übersetzt werden kann als Bilder mit integrierten Texten.

Verwenden Sie keine visuelle Dokumentation, wenn Sie kein Budget für Lokalisierung haben oder die zusätzlichen Ausgaben sich nicht rentieren.

Achten Sie bei der Suche nach nützlichen Tools für den Lokalisierungsprozess darauf, dass diese auch Daten wie den Text in Bildern, Variablen, Metadaten, Inhaltsverzeichnissen und den Text in Bildebenen zur Übersetzung exportieren.

7. Haben Sie ausreichende Ressourcen, um Bilder und Videos zu erstellen?

Videos und Bilder zu erstellen erfordert mehr Kompetenzen als das Schreiben von technischen Anleitungen.

Viele technische Autoren können ausgezeichnete Textanleitungen erstellen, aber sind nicht unbedingt auch erfahrene Bilddesigner oder Videoexperten.

Ein schlecht gemachtes Bild oder Video verfehlt höchstwahrscheinlich seinen Zweck.

Fotos können eine billige Alternative zu Illustrationen sein. Oft sind Fotos aber nicht so informativ, weil sie zu viele Informationen enthalten. Auch eingefügte Pfeile machen ein Foto nicht viel übersichtlicher.

Wer hochwertige visuelle Dokumentationen erstellen will, sollte die notwendigen Fertigkeiten lernen, um visuelle Medien zu erstellen, die klar und hilfreich sind. Es gibt tolle hilfreiche Tools für visuelle Kommunikation, die keine professionelle Erfahrung voraussetzen.

Auf diese Weise können technische Autoren ohne viel Lernaufwand visuelle Elemente in ihre Arbeit integrieren.

8. Muss ich etwas vorführen?

Informationen über Prozesse zum Lernen einer bestimmten Aufgabe sollten die Einzelschritte des Aufgabenablaufs zeigen.

Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Demonstration von Prozessabläufen in der Prozessdokumentation die Lernerfolge verbessert.

Videos können benutzt werden, um Prozessinformationen durch Demonstrationen der Hauptfunktionen und Arbeitsabläufe zu ergänzen.

Um festzustellen, ob eine Demonstration gebraucht wird, sollten Sie mit einer Prozessbeschreibung (falls erforderlich inklusive Fotos) anfangen. Wenn Sie dabei auf Verfahrensweisen stoßen, die allein mit Text zu schwierig zu erklären sind, dann kann ein Video hilfreich sein.

9. Muss ich Bewegung zeigen?

Im Bereich der User Assistance spielt oft Bewegung eine große Rolle.

Es ist beispielsweise hilfreich die Mausbewegung bei der Arbeit mit dem Photoshop Polygonal-Lasso zu zeigen oder die Drehung eines schwer erreichbaren Ventils Tool oder das Einfädeln einer Nähmaschine oder das Knacken eines Schlosses.

Bewegung kann nur schwer ausschließlich mit Text oder Fotos erklärt werden.

Nutzen Sie Videos, wenn Sie Bewegung zeigen wollen.

10. Muss ich einen bestimmten Zustand zeigen?

Es ist auch schwierig, einen Zustand allein mit Bildern, Fotos oder Text zu erklären.

Die visuellen Signale von LED-Leuchten, die Motorgeräusche identifizieren oder anzeigen, wann der Zement die richtige Konsistenz erreicht hat oder testen, ob ein Pudding „wackelig“ genug ist, all das sind gute Beispiele für einen „Zustand“.

Videos helfen bei der Erklärung, wie etwas aussehen soll und welcher Zustand erreicht werden soll.

11. Muss ich eine Kraftwirkung zeigen?

Wie Kräfte wirken und angewendet werden, ist auch schwierig mit Fotos oder Text zu erklären.

Wenn Sie zeigen wollen, welche Kraft beim Anziehen von Bolzen mit einem Schraubenschlüssel angewendet werden soll oder dass eine Baugruppe „handfest“ angezogen werden soll oder wie stark man an einer iMac Verkleidung ziehen sollte, bis sie loskommt, dann sind das alles gute Beispiele.

Video ist ideal, wenn Sie Kraftwirkungen zeigen müssen.

12. Wie viele Menschen will ich erreichen?

Das einzige, was Menschen lieber mögen als Bilder, sind bewegte Bilder.

Lernvideos sind sehr beliebt.

Bei der Suche nach „how to“ auf YouTube, bekämen Sie 439 Millionen Treffer! Ein YouTube Tutorial wie man ein T-Shirt faltet wurde fast 9 Millionen Mal angeschaut!

Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein Video anschaut, ist 75% höher als das Lesen eines Textes. Videotutorials werden angeschaut; Text wird ausgelassen.

Wenn Sie eine möglichst große Anzahl von Menschen erreichen wollen, sollten Sie Videos wählen.

13. Braucht mein Anwender sehr spezifische Informationen?

Videos können frustrierend sein, wenn nur eine ganz spezifische Information gesucht wird.

Niemand will ein 20-minütiges Video anschauen, wenn nur eine ganz bestimmte Schraube im Bauteil gesucht wird. Es ist einfacher im PDF-Handbuch mit STRG+F nach dem Begriff zu suchen oder die Kapitel im Ausdruck durchzublättern.

Ein Video nach einem bestimmten Begriff zu durchsuchen ist schwieriger als einen Text oder Bilder zu durchsuchen.

Sie können Videos übersichtlicher machen, wenn Sie Beschriftungen oder Untertitel einfügen und den Text durchsuchbar machen.

Benutzen Sie keine Videos, wenn ganz spezifische Informationen gefragt sind. Text funktioniert in diesen Fällen besser.

14. Wie hoch ist mein Budget?

Geld! Professionell gemachte Videos und Bilder können teuer werden. Wenn Bilder und Videos von Amateuren erstellt werden, kann die Qualität sehr schlecht sein.

Je nach Zielgruppe (beispielsweise interne oder externe Nutzer) und eigenem Engagement, kann auch ein Amateur-Video akzeptabel sein.

Die meisten Softwareprodukte können mit Screencasting-Videos gut erklärt werden.

15. Wie wichtig ist es, dass die Anwender die Informationen auch im Gedächtnis behalten?

Manche Anwender brauchen nur eine einmalige schnelle Information, andere müssen etwas lernen, das sie langfristig immer wieder anwenden müssen.

Sorgfältig erstellte Videos sind effizienter und wirksamere Medien für Aus- und Weiterbildung und die gelernten Inhalte sind auch später noch im Gedächtnis.

Videos sind das richtige Lernmittel, wenn die Anwender die Informationen im Gedächtnis behalten und später wieder reproduzieren müssen.

Schlussfolgerung

Bilder und Videos verbessern Dokumentationen. Einige wichtige Punkte sollten allerdings beachtet werden:
· Rechtliche Regelungen können die Bild- und Videoverwendung einschränken.
· Meistens ist Internetzugang erforderlich, um Videos nutzen zu können.
· Die Aktualisierung von Videos kann teuer sein
· Je nach Lokalisierungsprozess kann die Übersetzung von Illustrationen oder Videos teuer sein.

In den meisten Fällen ist ein Text mit Bildern ausreichend für eine klare Dokumentation. Nutzen Sie Video in den folgenden Situationen:

● Wenn Sie etwas zeigen oder demonstrieren müssen
● Wenn der Lernerfolg sehr wichtig ist
● Wenn Sie nur Anwender mit Mobilgeräten als Zielgruppe haben und Ihr Publikum immer Zugang zum Internet hat
● Wenn Sie die Ressourcen haben, um hochwertige Videos zu erstellen
● Wenn Sie eine große Anzahl von Anwendern erreichen wollen

Klare, eindeutige Anleitungen zu schreiben oder professionelle Bilder und Videos zu erstellen, das erfordert bestimmte Kompetenzen. Tools und Tutorials helfen Ihnen dabei, diese Kenntnisse zu erlernen.

Am wichtigsten ist es, dass Ihre Anwender in jeder Lernphase bestmöglich betreut werden.

Diese Verantwortung liegt bei Ihnen!

Die Entwicklung eines ausgezeichneten Produkts kostet Zeit, aber Sie sollten auch die Anwenderbetreuung zur Priorität machen.

Stellen Sie sich vor, wie ein Anwender Ihr Produkt installieren oder nutzen soll, ohne irgendeine Hilfestellung vom Support.

Anwenderbetreuung (User Assistance) , die Ihren Kunden ein besseres Konsumerlebnis bietet, sollte immer Teil Ihrer Vision sein.

Nun sind Sie an der Reihe!

Stellen Sie sich die oben genannten Fragen und Ihre Anwender werden die Installation und Nutzung Ihrer Produkte mit Begeisterung meistern.

TechSmith

TechSmith ist der führende Anbieter von Software für die Bildschirmaufnahme und Produktivitätslösungen für die Kommunikation im Arbeitsalltag – sei es im Büro, unterwegs oder im Homeoffice – sowie für Bild- und Videoinhalte, die sich an Kundinnen und Kunden richten. Mit unseren preisgekrönten Flaggschiffprodukten, Snagit, Camtasia und Audiate, können auch Ungeübte beeindruckende Videos und Bilder erstellen und so ihr Wissen auf effektive Weise vermitteln – für bessere Schulungen, Tutorials und die alltägliche Kommunikation.

Abonnieren Sie den Newsletter von TechSmith

Der TechSmith Newsletter hat bereits über 200.000 Abonnenten. Melden auch Sie sich an und erhalten Sie Monat für Monat praktische Tipps und professionelle Ratschläge.

Abonnieren